Freitag, 21. Juni 2013

Paris - ein Résumé


Eigentlich hatte ich meinen letzten Eintrag für den Blog schon etwas früher schreiben wollen. Ich bin froh, dass ich noch gewartet habe, sonst wäre er deutlich kritischer ausgefallen. Seit einiger Zeit ist nun auch in Paris der Sommer eingezogen und der Winter ist vergessen. Frühling gibt es hier anscheinend nicht, da sich die Temperaturen entweder unter dem Gefrierpunkt oder über 20° aufhalten.

In den 5 Monaten, in denen ich in Paris gewohnt habe, lernte  ich 2 verschiedene Städte kennen. Einerseits, im Winter, das kalte, ungemütliche Paris, unfähig Spaß zu machen oder den leisesten Funken auf Besserung zu wecken. Bedeckter Himmel, Tage die sich in der Helligkeit nicht viel von einer mondlosen Nacht unterscheiden und die es unmöglich machen die Stadt zu entdecken, weil man entweder festfriert, weggeschwemmt wird oder sowieso nichts sieht. Die Fahrt zur Arbeit in der Metro gleicht einem Trauerzug und jeder Akt der Freundlichkeit wird als Ironie gewertet und mit bösen Blicken geahndet. Die öffentlichen Transportmittel beeilen sich sowieso, entweder kurz vor deinem Eintreffen am Gleis abzufahren oder sich so lange Zeit zu lassen, bis du keine Lust mehr hast sie zu benutzen. Das hindert die Pariser doch nicht daran, bei jedem Gleiswechsel eine Notfallübung zu mimen.  In so einer Zeit erschöpft einen die Arbeit noch mehr, obwohl sie nicht mal anstrengend ist und der Antrieb, nach Feierabend noch etwas zu unternehmen verpufft auf der heimischen Couch im Nichts. Ein Paris, in der einem 600€ Miete wie eine monatlich Backpfeife vorkommen und jeder Einkauf im Supermarkt wie ein Tritt gegens Knie. In diesen Momenten wird einem bewusst, dass man von all den vielfältigen Möglichkeiten, die diese Stadt bietet, leider nichts annehmen kann, weil schlicht das Geld fehlt. Obwohl man täglich von 9h30 bis 18h30 im Dienst des Unternehmens steht. Um sich mit Freunden treffen zu können muss man erst mal welche finden, denn auch das gestaltet sich als Student deutlich einfacher wie als Praktikant. Es scheint, als hätte die Pariser Bevölkerung zwischen Beruf und zu Hause den Empfang für gemeinsame Aktivitäten und offenes Kennenlernen geschlossen, da sie ja schon alle kennen, die sie kennen wollen und kennen wollen würden.

Aber dann gibt es auch das Paris im Sommer. Leuchtend hell, wie ein Spiegel des Louis dem XIV. und Temperaturen angenehm warm bis angenehm heiß. Auf einmal scheinen die Menschen die Hoffnung zurückgewonnen zu haben und die Sonne ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu malen. Als würde jedes Wochenende zum Nationalen Feiertag des Spazierengehens aufgerufen werden , als gäbe es nach der Arbeit in den zahlreichen Cafés für alle freie Getränke, so  treffen sich die Leute auf den Straßen, Plätzen und Parks der Stadt. Man kann sich kaum fernhalten von den Ufern der Seine, die gesäumt sind von Studenten; Das Glas in der Hand, die Zigarette im Mundwinkel. Diese Wärme zieht sich bis in die Nacht, wo die Pariser auftauen und ihre kühle Haltung ablegen (können), was man nutzen sollte, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Ein Paris, in dem die Preise für Miete, Einkäufe, Clubs und Getränke für den Moment genauso wichtig sind wie die Sorgen von Gestern. 

Aber das geht alles zu schnell. Ich habe ja seit meiner Ankunft hier nichts mehr von mir hören lassen, also muss ich nochmal weiter ausholen und dieses Mal ein bisschen weniger poetisch. Ich habe ja das letzte Mal darüber berichtet, wie ich die Vorbereitung zu meinem Praktikum, Wohnungssuche und die erste Woche in Paris so empfand. Es war alles neu, es war alles ungewohnt und ich tendiere meist dazu, erst Mal das Gute zu sehen. Im Endeffekt war der Winter hier (der ja auch ähnlich wie in Deutschland bis in den April hinein ging – oder Mai?) ziemlich zäh. Wie oben beschrieben gibt es viele Eindrücke, die einem trostlos vorkommen, da einem die Abwechslung fehlt. Der tägliche Arbeitsweg, die Arbeit ( eigentlich nur 7 Stunden pro Tag, aber eine selbst für Franzosen unüblich lange Mittagspause von 2 Stunden) und die Abendgestaltung. Und ja, auch ich tat mich am Anfang schwer neue Leute kennenzulernen. Und auch wenn ich dachte, Paris wäre teuer, dann habe ich es trotzdem unterschätzt. Die Miete mal außen vor, kostet so ziemlich alles im Supermarkt fast das Doppelte als in Deutschland. Und wenn man dann mal abends weggehen will, kommt’s richtig Dicke. Der halbe Liter Bier mag innerhalb der Happy Hour vielleicht noch 3-4€ kosten, außerhalb dann aber ab 6€ aufwärts. Das mir zugesagte Stipendium, welches ich zudem bereits fest zu meinen Einnahmen eingerechnet hatte, wurde mir erst gegen Mitte des Praktikums zugänglich gemacht, und brachte mich arg in finanzielle Bedrängnis.  Diese tägliche Einöde, die fehlenden Bekanntschaften und die hohen Preise machten mir zu schaffen. Auf die oft gestellte Frage „Gefällt dir Paris?“, konnte ich daher nur oft mit „Ehrlich gesagt: Nein.“ antworten. Aber schlussendlich kommt dann doch Schwung in die Sache: Man lernt irgendwie Leute kennen, freundet sich an, findet Wege doch recht günstig eine tolle Zeit zu verbringen und schon sieht die Welt ganz anders aus. Und je näher ich dem Sommer kam, desto besser wurde es. Ich hatte viele Freunde hier gefunden, die hauptsächlich Erasmusstudenten an den Pariser Unis waren. Deshalb sind fast alle gegen Ende Mai wieder in ihre Heimatländer abgereist und ich verbrachte den Rest der Zeit mit den wenigen Verbliebenen.

Beim Praktikum lief es bis zu einem Punkt ganz gut, aber als dann gegen April die Auftragslage abnahm, bekam ich deutlich weniger zu tun. Dies ging so weit, dass ich tageweise fast gar keine Aufgaben hatte und ständig Kollegen fragen musste, ob sie mir was abgeben könnten. Das ist nicht der Sinn eines Praktikums und deswegen habe ich beantragt, einen Monat früher aufzuhören (nicht Ende Juli, sondern am 28. Juni). Ich habe mich dennoch in der Firma immer recht wohl gefühlt. Stellt für mich die Arbeit hier doch eine ganz große Erfahrung dar, da es nicht nur mein erstes geregeltes Arbeitsverhältnis war, sondern dazu auch noch in einer anderen Kultur. Das heißt, es gilt nicht nur die Sprache zu beherrschen, sondern sich auch richtig zu verhalten. Das klingt einfacher als es manchmal ist, glaubt mir. 

Jetzt habe ich noch exakt eine Woche hier verbleibend und bin froh diese beiden Gesichter der Stadt erfahren zu haben, denn nur so kann man sie wirklich beurteilen. Ich denke, Paris und ich haben uns einfach auf dem falschen Fuß erwischt und einen schlechten Start hingelegt. Wir sind anfangs nicht so richtig warm geworden. Meiner Meinung nach spielt Geld hier eine wichtige Rolle und davon hat man als Praktikant nun nicht sehr viel. Da möchte ich an dieser Stelle auch noch mal ein großes Dankeschön an meine Eltern aussprechen, weil ich diese Zeit ohne sie nie hätte finanzieren können und sie mir auch immer zur Seite standen, wenn es Probleme gab.
All das sind natürlich rein subjektive Wertungen basierend auf persönlichen Erfahrungen, aber so hab ich es hier erlebt. Alles in Allem möchte ich dennoch einen positiven Schluss ziehen. Vielleicht gibt mir die Stadt ja noch Mal eine 2. Chance und dann kann ich auch sagen: „Ja, Paris gefällt mir.“

Danke für die Zeit hier, war schön!

Mittwoch, 20. Februar 2013

Das Glück entscheidet



Irgendwie habe ich ja schon selber nicht damit gerechnet, dass ich noch einen Post im Blog veröffentlichen werde. Aber ihr freut euch ja sicherlich auch, mal wieder was von mir zu hören!

Seit meinem letzten Post Ende November ist ja nun einiges passiert. Ich habe alle meine Prüfungen geschrieben, mein Semester in Nantes beendet, Weihnachten und Silvester gefeiert und bin derzeit wohnhaft in Paris. Aber bis hierhin war es ein langer und nicht ganz unaufwändiger Weg.

Nachdem ich 3 wunderbare Tage über Weihnachten in meiner Heimatstadt Ludwigslust verbringen durfte, in denen ich die Zeit, in der ich gefehlt habe, in allen Hinsichten wieder gut machte, habe ich Silvester in Paris gefeiert. Es hat sich alles gelohnt und war den Aufwand wert. Ich bin am 24.12. abends um 8 Uhr zu Hause angekommen (durch glückliche Umstände war die Mitfahrgelegenheit nach Paris, der Flug nach Berlin, der Anschlusszug nach Ludwigslust und somit auch wir pünktlich). Am 28.12. flog ich dann alleine nach Paris zurück, wo ich Silvester feiern sollte. Die erste Nacht verbrachte ich jedoch bei dem Freund, der Schwester, meines besten Freundes, weil ich für die erste Nacht sonst noch keinen Schlafplatz hatte. Danke nochmal an Thomas und Frenzy dafür!

Ansonsten gab’s in Paris das übliche Touristenprogramm in den nächsten Tagen und ich habe mit Cécile, Pedro, Luiz, Lisa, Robert etc. das neue Jahr vorm Eiffelturm begossen. Die Tage darauf verbrachte ich in Nantes und hatte noch 3 Prüfungen zu schreiben, wo ich mittlerweile auch weiß, dass ich sie alle bestanden habe. Damit war mein Studien-Semester also auch vorbei und irgendwie haben sich ohne allzu große Verabschiedungszeremonien die meisten Erasmusstudenten wieder nach Hause begeben. Die nächsten Tage bestand mein Tag demnach nur noch aus Praktikumssuche. Und das intensivst, da der Vertrag für meine Wohnung am 31.1. auslief und ich schon glücklicherweise bis dahin verlängern konnte. Ich wollte ja auch mit dem Praktikum frühestmöglich anfangen.

Insgesamt habe ich 41 Bewerbungen unternommen und bei meiner Allerletzten, hat sich ein Telefongespräch ergeben. Es war ausdrücklich kein Bewerbungsgespräch, sondern sollte nur das Praktikum erläutern, aber nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, stand schon fest: ich gehe nach Paris. Somit bin ich Praktikant bei Datawords geworden. Ein Unternehmen, welches sein Brot durch die Übersetzung und Adaption des Inhalts von Websites verdient und ich bin nun nicht in der Übersetzung tätig, sondern im Projektmanagement.
Also kam die nächste Hürde: Wohnung in Paris. Davor wurde ich ja schon mehrfach gewarnt. Aber es ist wirklich schwer, muss ich zugeben. Im Laufe der Woche nutzte ich noch eine Möglichkeit für Wohnungsbesichtigungen, als ich nach Paris fuhr um mit meinem Verantwortlichen den Praktikumsvertrag zu klären und zu unterschreiben. Aber ohne Erfolg (also, bei den Wohnungen).

Also dachte ich mir kurzerhand:  „Warum in Nantes bleiben? Hier hält dich nichts und zwischen dir und Paris steht nur noch die Wohnung.“ Dank einer Freundin, die ich mal beim Arbeiten in Leipzig kennen lernte, konnte ich einige Tage bei ihr bleiben um mir Wohnungen anzusehen. Dazu folgendes:
Es ist nicht unmöglich in Paris eine Wohnung zu finden, aber es hängt von einem selbst ab. Es liegt an den eigenen Kriterien. Der Preis, die Lage, der Weg zur Arbeit, die Verfügbarkeit, die Mitbewohner, die Ausstattung, die Größe. Und für die Herren der Schöpfung werden 50% der Anzeigen uninteressant, da dort steht „ fille uniquement“ – also nur Frauen gesucht und das ist dann auch so.
In der Woche hatte ich also unter anderem Besichtigungen bei:

- einer WG zu 3. Mit 2 Zimmern im 19.  Arrondissement(ein Student hat bei dem Vermieter, 50-60 Jahre alt, im Bett geschlafen) für 600€
- eine Wohnung mit 2 Studentinnen, bei denen ich ein Zimmer im Wohnzimmer, geschaffen durch ein Bücherregal als Raumtrenner, gehabt hätte. 500€ + Kosten für die Vermittlung (Deren erste Frage: Guckst du gerne Serien?)
- ein Haus in desolatem Zustand mit mehreren Zimmern zwischen 400-600€ in einem Vorort von Paris. Kleine Anekdote: „ Hier das Zimmer. Oh, das Licht geht nicht. Dann kommen wir zum Bad. Hm, Licht geht auch nicht.“
- eine nette Studenten-Wg für 600€ im 20. Arrondissement, wo ich mir ein Zimmer mit einem Mitbewohner hätte teilen müssen.

Und dann die letzte Wohnung: Es wurden Besichtigungstermine im 15 Minutentakt vergeben, weil es so viele Bewerber gab. 16. Arrondissement, 4er WG mit 3 Franzosen, möbliert, Zimmer evtl. so 18m², große Stube und Küche, 480€ inkl. Wohngeld. Meine Traum-wg und am Folgetag rief mich der Typ an und fragte, wann ich dann meine Sachen rüberbringen möchte. Der Typ ist jetzt einer meiner Mitbewohner, heißt Alex und hat für seine 3 Monate in Hannover vor ein paar Jahren enorme Deutschkenntnisse. Dann wohne ich noch mit César und Nico zusammen, aber die 3 kennen sich schon von der Schule und der Rest des Freundeskreises ist mindestens 2 mal die Woche in der WG zu Gast. Auch da wurde ich ab dem 1. Tag freundlich aufgenommen. Alle 4 sind wir Praktikanten und haben somit einen ähnlichen Tagesablauf; sitzen abends beisammen und essen meist gemeinsam Abendbrot.

Mein Praktikum habe ich nach einigem Heck-meck mit der Praktikumsvereinbarung dann auch 3 Tage nach eigentlichem Beginn anfangen können und auch dort wurde ich nicht enttäuscht. Ich arbeite für eine seriöse Firma mit freundlichen Kollegen für einen ernst zunehmenden Kunden (der Uhrenhersteller Rolex). Bisweilen habe ich aber noch nicht so viel zu tun, aber das wird sich in nächster Zeit deutlich ändern, wurde mir prophezeit. Es gefällt mir.

Und dass es mir gefällt, erkenne ich jeden Tag neu. Wenn ich bei Sonnenschein eine Pariser Allee entlang bis zur nächsten Haltestelle laufe, in der Metro bei all den tristen Leuten mal ein Lächeln ausgetauscht wird, du Spazieren gehst und aus der Ecke der Eiffelturm zurück winkt oder sich die Seine keine 5 Minuten von dir weg durch die ganze Stadt schlängelt. Ich wollte nie nach Paris, jetzt bin ich hier gelandet. Ich wollte mein Praktikum unbedingt im Marketing machen, jetzt bin ich im Projektmanagement. Es lief nie so wie ich wollte, aber es lief. Ich habe großes Glück gehabt, das weiß ich. Aber dafür weiß ich auch, dass ich derzeit glücklich bin und der sich ankündigende Sommer dem bestimmt nicht schaden wird. Also warum nicht mit einem zufriedenen Lächeln in die Zukunft blicken?